Tennis

War’s das jetzt?

Die Tennisproleten
April 13, 2022
Vorbemerkung: ich folge den beiden Tennisproleten schon länger auf Instagram und hatte immer Spaß an deren stets fachkundigen und oft frechen Posts. Durch unsere zukünftige Kooperation gewinnen Tobi und Daniel an Reichweite und wir an Expertise. Im Tennis sagt man dazu „Big Point“! (MB)

Januar 2021, Melbourne: Flugzeuge voll mit Menschen, genauer Tennisprofis, landen in Australien, um sich in Blasen, abgeschirmt von der Bevölkerung auf das erste Grand Slam Turnier des Jahres vorzubereiten. Einige von ihnen kommen jedoch in den Genuss, zwei Wochen in ihrem Hotelzimmer Fitnessübungen zu absolvieren und sich dazwischen im Ranking von Fortnite oder Counterstrike hochzupetern - das Virus und ein paar Infizierte im Flieger von Dubai nach Melbourne machen’s möglich.

Und plötzlich geht’s dann doch los mit Tennis, sogar mit Zuschauern und alles fühlt sich wieder normal an ... bis ... ja bis ein paar Tage später in Melbourne ein neuer Lockdown ausgerufen wird und die Zuschauer mitten im Matchvon Novak Djokovic gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz beim Stand von 7:6,6:4, 3:6, 2:3 nach Hause müssen. Und plötzlich geht’s dann doch wieder los mit Geistertennis. Djokovic gewinnt übrigens in fünf Sätzen. Alleine. Tennis ist ja ein Einzelsport. Willkommen in Jahr 2 der Pandemie.

Meanwhile in Hamburg... SarsCov2 lässt den Hobby-Federer vor verschlossenen Türen stehen. Tennishallen sind Sperrgebiet, dieAnsteckungsgefahr scheint in der Hansestadt zu hoch, wenn zwei Menschen - durch ein Netz getrennt - sich im Abstand von 23,77 Metern die Bälle zuspielen. Die Hallenbetreiber südlich von Hamburg freut’s. In Niedersachsen geht Tennis und finden sich jede Menge Kennzeichen mit HH vor den Tennishallen am Kleckerwald, in Jesteburg und Buchholz. Sämtliche Hallen der 70er und 80er-Jahre spielen trotz massiver Investitionsstaus (von wann nochmal ist dieser Teppich?) längst vergessene Renditen ein.

Witters

Mai 2021, na ja eher Juni - Die French Open, die so gerne Roland Garros genannt werden möchten wegen dem Marketing und so, starten eine Woche später als sonst. Der spätere Start erlaubt es, Zuschauer zuzulassen. Als deutscherTennisprolet mit Maske und T-Shirt auf den sonnengefluteten Rängen derTenniscourts setzt es nach monatelanger Finsternis erstmal einen fettenSonnenbrand. Dieser lässt sich je- doch abends gut behandeln, denn um 20:15Uhr wird man von der Anlage gebeten, um 21:00 Uhr hat man in den eigenen vier Wänden zu sein: Ausgangssperre, irgendwie skurril. Letztere gilt natürlich nicht für die Profis, die dürfen erneut vor leeren Rängen abends ran. In der zweiten Woche, dann mit limitierter Zuschaueranzahl, erlebt Paris vielleicht das Match des Jahres. In einem faszinierenden Viersatz-Match gewinnt Novak Djokovic das Halbfinale gegen Rafael Nadal und beide zeigen den begeisterten Zuschauern Tennis in formvollendeter Schönheit und Athletik. Vieles davon lässt sich direkt zuhause umsetzen, schließlich gehen die Medenspiele zwischen Rissen und Sachsenwald wieder los. Corona kommt erstmal nur noch nach dem Match vor, in Flaschen, mit Limette drin.

Juli 2021, Wimbledon: Nichts im Tenniskalender ist so besonders wie die Rasensaion. Beschränkt auf wenige Wochen. Als Höhepunkt das wohl bekanntesteTennisturnier der Welt! Wimbledon lockt jedes Jahr tausende Tennisfans nachLondon. Die persönlichen Erdbeeren mit Sahne sind für uns Tennisproleten die stundenlangen Schlachten auf den Nebencourts in der ersten Turnierwoche.

In diesem Jahr machte allerdings gerade die erste Turnierwoche Probleme. VielRegen sorgte für viele Verlegungen und Absagen von Matches. Trotzdem hielt man an seinen Traditionen fest. Keine Matches auf den großen Courts am Vormittag, kein Flutlicht auf den Außenanlagen. Zwangs- ende am Abend, um dieNachbarschaft nicht zu stören. Dann natürlich die rasen- typischen braunenFlecken auf dem Courts nach den ersten Tagen. Würde so eine Liste über andereTurniere existieren, die Tenniswelt wäre sich einig: das hat keine Zukunft. In Wimbledon ist es Tradition.

Juli 2021, Hamburg: Hamburg, meine Perle. Viele Jahre galt diese Redewendung auch für den internationalen Tennissport. Gaben sich doch vieleJahre die weltbesten Spielerinnen und Spieler der Szene die Ehre am Rothenbaum. Zuletzt spielten nur noch die Herren auf der Anlage um Weltranglistenpunkte. Die Stars der Szene, wie Rafael Nadal und Roger Federer wurden dabei schonlange nicht mehr gesehen.

Zu schlechte Lage im Terminkalender, zu gering der Turnierstatus. Mit der Übernahme der Familie Reichel als Turnierveranstalter wuchsen jedoch auch die Hoffnungen, dass der Status des Turniers an der Alster wieder aufgewertet werden kann. Eine Hoffnung, die in diesem Jahr festen Boden unter den Füßen bekam. Kurzfristig konnte eine Lizenz für ein Damen-Event erlangt werden. Und schnell kamen bei vielen Tennisfans aus dem Norden Erinnerungen an alte Zeiten, als Graf, Becker und Stich den Centre Court verzückten. Damals vor vollenRängen, in diesem Jahr limitiert. Pandemie halt.

Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Damen nicht nur in den nächstenJahren weiterhin an der Elbe aufschlagen werden, sondern auch wieder einkombiniertes Event mit den Herren innerhalb einer Turnierwoche stattfinden wird. Letztendlich ein weiteres 90er-Jahre-Revival. Sind ja sowieso gerade überall angesagt.

Witters

August 2021, Tokio: Ein Grand-Slam-Titel fehlt Alexander Zverev bekanntlich noch. Doch sorgte auch die deutsche Nummer Eins in diesem Jahr für großeSchlagzeilen. Unberührt von privaten Meldungen, die durch die Medien wandelten, krönte sich der gebürtige Hamburger zum Olympiasieger und holte imEinzel die Goldmedaille. Eine Auszeichnung, die auch im Tennis einen bedeutsamen Stellenwert hat. Auch wenn dieses Turnier in dem eh viel zu dichtenTurnierkalender stets sehr “rein- gequetscht” wirkt.

Der einzige Unterschied ist jedoch, dass dieses Turnier neben Ruhm und Ehre unter dem olympischen Feuer keine sonstige Auswirkungen hat: es gibt keinPreisgeld zu verdienen und auch keine Weltranglistenpunkte als Belohnung.Genau genommen endete die Woche also so, wie es kein Tennisprofi mag: kein Geld und keine Punkte. Kopf hoch!

September 2021, New York: In den letzten Jahren galt das Damentennis bei vielen Fans als umstritten. Die Titelträgerinnen wechselten sich häufig ab.Für viele eine tolle Abwechslung zum Herrentennis mit den Dauertitelträgern der Big3. Für andere war diese Unberechenbarkeit ein Beleg für mangelndeQualität. Das Jahr 2021 bot die Erwartung, durch die neue Dominanz von Ashleigh Barty und Naomi Osaka, diesen Nimbus zu durchbrechen.

Allerdings wurde das Damentennis bei den US Open durch eine ganz andereGeschichte wieder für die breite Masse interessant. Emma Raducanu krönte sich mit 18 Jahren zur Titelträgerin, die zuvor auf der WTA Tour nicht präsent war. Sich zuerst durch die Qualifikation spielte und dann im Finale die kaum ältere Leylah Fernandez bezwingen konnte. Über Nacht wurde Emma Raducanu zum neuen Superstar des Tennissports. Und auch das Interesse bei denen, die sonst nur Federer und Nadal zuschauen, war plötzlich wieder am Damentennis vorhanden. Wir kanntenEmma Raducanu ja schon, als sie noch kleinere Weltranglistenturniere spielte. Aber das ist nun auch egal.

Die zu Beginn große Story um das Turnier wurde von Daniil Medvedev beendet:er bezwang im Finale Novak Djokovic, der nach Rod Laver alle vier Majors innerhalb eines Jahres hätte gewinnen können. Doch zu groß schien der Druck.Und so siegte bei den Herren mit Medvedev mal ein anderer Spieler. Ist das etwa ein Zeichen von mangelnder Qualität im Herrentennis?

Es geht also ein Tennisjahr zu Ende, das von Corona bestimmt und von neuen Namen geprägt worden ist. EinJahr, das neue Stars hervorbringen konnte und vielleicht Legendenverabschiedete. Denn Roger Federer verabschiedete sich in Wimbledon in eine längere Verletzungspause, Rückkehr ungewiss! Soll es vielleicht so sein, dass sich einer der größten aller Zeiten mit einem 0:6 in den Ruhestand verabschiedet hat? 2021 wäre trotzdem eine gute Tennissaison, jedoch sicherlich mit einem Wermutstropfen. Aber vielleicht bringt 2022 ja auch Überraschungen.

Die Tennisproleten gibt es wöchentlich als Podcast. Die aktuellen Themendes Profitennis finden hier ein Zuhause, ob markante Grundlinienduelle, mehrstündige Schlachten auf Court 17 oder plötzliche Stuhlwürfe. Dazu gibt es regelmäßig Interviews mit Aktiven, Coaches und aus dem Tennis-Journalismus.Zu hören überall, wo es Podcasts gibt. Außerdem Tippspiele zu den Grand Slams und (nicht ganz ernst gemeinte) Kommentare in den sozialen Netzwerken.Vorbeischauen lohnt sich!

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