Golf

Hit it!

Marc Brando
April 6, 2022
Ein Portrait von Hamburgs bestem Golfer, dem Hittfelder Benedict Staben.

Bene über seine Anfänge

Angefangen habe ich mit Fußball, aber da meine Mitspieler nicht den gleichenEhrgeiz hatten wie ich, habe ich mir mit acht Jahren eine Einzelsportart gesucht und bin über meinen Vater beim Golf und im GC Hittfeld gelandet, wo ich einmal wöchentlich Jugendtraining bekam und auch sonst jede freie Minute verbrachte.

Infiziert wurde ich letztendlich aber durch Tiger Woods. Mein Vater war sehr gut mit MiguelÁngel Jimenéz befreundet und dadurch durfte ich bei einem Tunier auf Gut Kaden “inside the ropes” und stand plötzlich vor Tiger. Es hat bestimmt zwei Minutengedauert, bis ich einen Ton rausbekommen habe, aber Tiger war nicht nur geduldig sondern hat mir auch zwei Bälle geschenkt und aufgefordert, ihm mal meinen Schlag zu zeigen. Mit einem von Jimenéz geliehenen Eisen habe ich daraufhin tatsächlich einen schönen Schlag hinbekommen, den Tiger mit “good shot” kommentierte. Von dem Tag an war es um mich geschehen und ich habe noch härter trainiert. Mit dem Ergebnis, dass ich mit 17 Nationalspieler wurde.

Bene über den Schritt vom Amateur zum Profi

Der Schritt vomAmateur ins Profilager verändert Dich als Spieler. Wurdest Du als Amateurverwöhnt und durftest Nationalmannschaft spielen, bist Du als Profi plötzlich auf Dich ganz allein gestellt. Plötzlich triffst Du gefühlt keinen Schlag mehr, was definitiv nicht am Können liegen kann. Also muss es was Mentales sein und ich denke, es liegt an der Existenzangst, die Du zuvor so nie gespürt hast.Letztendlich darfst Du nicht an Dir zweifeln und musst Dir sagen, dass Du nur so weit gekommen bist, weil Du richtig gut bist in Deinem Beruf.

Bene über mentale Stärke

Ich hatte einmal im Rahmen der 2. Bundesliga einen totalen Ausraster im GC Wendlohe, wo ich auf der Neun einen Drive bis 20 Meter vor das Grün geschlagen habe –eigentlich ein todsicheres Birdy. Allerdings hatte ich zu der Zeit extreme Probleme mit meinem kurzen Spiel und bekam totale Panik, so dass ich letztendlich nur ein Doppelbogey spielte. Ich war daraufhin völlig verzweifelt und hatte einen richtigen Blackout, so dass ich die Wasserflaschen im Halfway-House umtrat, was im Fußball vielleicht verziehen wird, bestimmt aber nicht beim Golf!  

Beim Golf bist Du halt selbst Dein größter Gegner! Und ich ging lange Zeit alles andere als gut mit mir um. Ich kann zum einen extrem freundlich und positiv sein, andererseits aber auch total sensibel und destruktiv.  Durch die Unterstützung meines ManagementsEthos habe ich vor zwei Jahren die Arbeit mit dem Performancecoach HolgerFischer begonnen. Auch wenn ich bestimmt noch immer ein extremer Typ bin, akzeptiere ich inzwischen schlechte Schläge, kann mit denen viel besser umgehen und denk mir „Scheiß drauf, das gehört zu dem Spiel dazu, weiter geht’s!“

„Beim Golf bist Du selbst Dein größter Gegner!"

 

Wolf Open 2021 im GC Holledau

Bene spielt eine hervorragende Auftaktrunde, liegt nach 17 Löchern auf dem geteilten zweiten Platz. Dann der Supergau auf der 18, wo er ein Quadruple–Bogey (Vier über Par) spielt und auf den 31. Platz zurückfällt. Doch anstatt wie früher an sich zu zweifeln, kämpft Bene sich auf den nächsten zwei Runden wieder bis auf den elften Platz zurück und verbessert sich dadurch in der Jahresrangliste derPro Golf Tour auf den achten Platz.

Jan Oliver Pemöller

 

Bene über Erwartungsdruck

BesonderenDruck habe ich bei der Porsche European Open im GC Green Eagle verspürt. Nicht etwa, weil ich mir als Spieler mit einer Wildcard viel ausgerechnet hätte, aber in meinem “Wohnzimmer” wollte ich natürlich dem Club, meinem Management, demTrainer, Freunden und der Familie zeigen, dass ich es drauf habe. Und ich kam auch super ins Spiel, nur konnte ich nach der Gewitterunterbrechung den Adrenalinpegel nicht wieder so hoch pushen, dass es auf diesem Niveau für denCut gereicht hätte. Das war extrem enttäuschend - für mich wahrscheinlich vielmehr als für alle Anderen!

 

Porsche European Open2021 im GC Green Eagles

Während fast alle der erlaubten 2000 Zuschauer dem Flight mit Martin Kaymer folgten, interessieren sich gerade einmal 3 Zuschauer für Hamburgs besten Golfer undLokalmatadoren Benedict Staben: zwei seiner Verwandten und ich!

Am Ende der zweiten Runde war Martin Kaymer nur um sechs Schläge besser als Bene und verpasste ebenfalls den Cut!

  

Bene über Vorbilder

Als ich bei“der Porsche” auf der Driving Range neben Martin Kaymer und Paul Casey stand, habe ich schon zu beiden hochgeschaut. Martin ist immerhin zweimaligerMajor-Gewinner und hat mit Europa auch den Ryder Cup gewonnen. MeinLieblingsspieler ist allerdings Dustin Johnson, mit dem ich 2012 als besterAmateur Deutschlands vor30.000 Zuschauern bei der Schüco Open im GC Gut Kaden spielen durfte! DJ hatte mit 280 Metern schon damals einen richtig langen Drive, aber an diesem Tag verzog er gleich am ersten Abschlag den Drive total in die Wicken. Um ihn herum mieden wir alle seinen Blick. Und was macht er? Er lacht! Ein unglaublich cooler Typ!

 

Bene über Freundschaft

Auf der Tour habe ich weniger Freunde, eher Kollegen. Der einzige richtige Freund dort ist mein Caddie Stephan Türkis, der nach dem Tod meines Vaters 2018 fast schon einVaterersatz für mich ist.

Richtige Buddies sind für mich Timmi Scheibe und Luki Kahl und seit meiner WG-Zeitwährend der Scandinavian Tour die Hockeyspieler Didi Linnekogel und Tisi Müller. Quasi die “i-connection” - folgerichtig bin ich dort der Beni.

Und zum Glück habe ich mit meiner Freundin Lea jemanden an meiner Seite, die mir nach einem emotional fordernden Turnier hilft wieder runterzukommen und die ganz großartig damit umgeht, dass ich so viel Zeit auf dem Golfplatz verbringe.

 

Bene über (fehlende) Anerkennung

Ich gehe komplett an die Decke, wenn wie in Tokio der Silbermedaillengewinner als erstes gefragt wird, warum es nicht für Gold gereicht hätte. Warum tun wir unsDeutschen im Gegensatz zu den US-Amerikanern so schwer, Leistung anzuerkennen?Warum reden so viele Trainer:innen ihre Sportler:innen schlecht anstatt stark?Ich habe mich sieben Jahre als Versager gefühlt und empfinde mich erst jetzt als erfolgreich. Und das, obwohl ich nicht zu den 150 Golfspielern weltweit gehöre, die vom Golf gut leben können. Leistung ist etwas Individuelles und da wünschte ich mir viel mehr Respekt!

Jan Oliver Pemöller

 

Bene über Fitness

Sportler:innen werden dann besser, wenn sie lernen besser zu regenerieren. Für mich bedeutete das zunächst viel mehr Pilates mit meinem Coach Tony Rockoff und meinem Osteopathen Sebastian Klöckner. Zudem achte ich in diesem Zusammenhang vielmehr auf die Ernährung. So wie Tennisspieler Novak Djokovic sich nur noch glutenfrei ernährt, verzichte ich auf Empfehlung von Harry Findeisen vomHamburger Institut für Regenerationsmedizin auf Zitronensäure. Seitdem fühle ich mich deutlich leistungsfähiger!

 

Starnberg Open 2021

Am ersten Tag unterbricht Gewitter sein Spiel, am zweiten Tag die einbrechende Dunkelheit.Das bedeutet, am Finaltag statt 18 Löcher 27 Löcher spielen zu müssen. Jetzt zahlt es sich aus, dass Bene zu den fittesten Spielern auf der Tour gehört. Bene lässt 152 Spieler hinter sich und wird Vierter.

  

Bene über das liebe Geld

Eine Golfsaison kostet mich 30.000 Euro und da ist Miete noch nicht von bezahlt. Für einen Sieg auf der Pro Golf Tour gibt es 5.000. Trotz sechs Top 10-Platzierungen in diesemJahr brauche ich daher noch immer die Unterstützung meiner Familie. Denn Sportförderung bekomme ich nicht und die Sponsorengewinnung ist extrem schwer.Wer weiß, wie z.B. die Karriere von Martin Kaymer verlaufen wäre, wenn nicht drei, vier golfverrückte Mäzene damals in seine sportliche Zukunft investiert hätten. Tommy Haas ist im Tennis einen ähnlichen Weg gegangen. Crowdfunding wird zumindest immer wichtiger für Spieler wie mich, die wenig Medienpräsenz aber ganz viel Leidenschaft haben.

 

Pro Golf Tour

Wer auf der ProGolf Tour spielt, verdient damit kaum Geld, sondern kann bei entsprechendenErfolgen gerade mal seine Kosten decken. Deswegen ist es das Ziel eines jeden Spielers, in der Jahresrangliste (Order of Merit) einen der ersten zehn Plätze zu erreichen, denn dann erhält man die Spielberechtigung für die höher dotierte Challenge Tour und damit die Chance auf eine Teilnahme an der prestigeträchtigen European Tour. Bene belegt vor dem letzten Turnier den achten Platz!

Das Finalturnier findet vom 04. bis 06. Oktober vor den Toren Hamburgs im Golfresort Adendorf statt.

Weitere Informationen

Instagram: @benedictstaben

Management: www.ethosgroup.eu

GC Green Eagle: www.greeneagle.de

Pro Golf Tour: www.progolftour.de

Mentaltraining: www.hfcoaching.de

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