Hockey

30 Jahre Hockies

Marc Brando
April 13, 2022
Foto: Stefan Karstens
Als jemand, der im Alltag keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderung hat, wusste ich weder, was mich bei den Hockies erwartet noch wie ich mich angemessen verhalte. Zum Glück war meine Neugierde letztendlich größer als meine Unsicherheit. Mit dem Ergeb - nis, dass ich in Hockey-Hamburg jetzt eine neue Lieblingsmannschaft habe! Die Hockies, das sind 22 Jungs und Mädels mit geistiger Behinderung und körperlichen Einschränkun- gen im Alter von 16 bis 40 Jahren, die jeden Samstag beim Club an der Alster zusammenkommen und Hockey spielen.

Heute allerdings sind nur fünf von Ihnen beim Training. Da Trainer Sven Neuwerk noch nicht da ist, macht sich die kleine Fritzi einen Spaß daraus, sich als Goalie zu vekleiden um den Trainer zu veräppeln. Was sich wie ein roter Faden durch das Training ziehen wird – als Sven gegen Stefan drei Siebenmeter nicht imTor unterbringt, ist das Gelächter bei seinen Spieler:innen groß. Nur Tom ist genervt: “Ich hab so viel Bock auf Hockey aber zu fünft macht es einfach nicht so viel Spaß!” Ein Gefühl, das auch Spieler mancher zweiter oder dritterMannschaft kennen dürften! Ohnehin erinnert mich vieles an das Training anderer Teams. Mit kleinen Schlenzübungen über die Bande als Warm Up stimmtSven die Spieler auf das Training ein, dann folgen leichtere Technikübungen und das Highlight ist das abschließende Spiel. Bei dem allerdings auch mal der Goalie in die gegnerische Hälfte läuft, weil auch er ein Tor schießen will. Angemotzt wird er dafür von niemanden! Und dass ist vielleicht der größteUnterschied zwischen den Hockies und anderen Mannschaften. Der Umgang untereinander ist von Hilfsbereitschaft, Toleranz und Rücksichtnahme geprägt. Das Erlebnis zählt mehr als das Ergebnis!

Und das seit nunmehr 30 Jahren. Gegründet wurden die Hockies durch eine gemeinsame Initiative der Hamburger Lebenshilfe, dem Club an der Alster und engagierten Eltern. Teammanager ist Michael Krohn.

SB: Herr Krohn, viele kennen Sie als langjährigen Organisationschef derHamburger Polizeishow. Als Teamchef der Hockies kennen Sie nur wenige.

MK: Mit den Hockies wird man ewig und zurecht Greta Blunck verbinden. Als Teammanager agiere ich eher im Hintergrund.

Wie sind Sie zu den Hockies gekommen?

Ich selbst war Ruderer im Favorite Hamonia. ZumAusgleich haben wir immer Hockey gespielt und somit hatte ich immer schon eineAffinität zu diesem Sport. Da mein Sohn Tom das Down-Syndrom hat, war ich schon länger auf der Suche nach einem geeigneten Sportangebot. Vor 20 Jahren habe ich dann erstmals von den Hockies gehört und seitdem sind wir beide bei den Hockies.

"Das Erlebnis zählt mehr als das Ergebnis!"

Das ist das Down-Syndrom

Das Down-Syndrom ist keine Krankheit, sondern eine genetisch bedingte Veranlagung, bei der das Chromosom 21 dreifach statt wie üblich zweifach vorhanden ist. Das Syndrom wird daher auch als Trisomie 21 bezeichnet. Beroffene Menschen können nur wenig Informationen gleichzeitig verarbeiten, was oft dazu führt, dass Menschen mit Down-Syndrom unterschätzt werden. In Deutschland leben rund 50.000 Menschen mit dem Down-Syndrom. DieLebenserwartung liegt bei 60 Jahren.

Als Teammanager gehört es auch zu Ihren Aufgaben, den Mannschaftsbetrieb durch Einnahmen zu sichern. Wie schwer ist dies bei einer inklusiven Mannschaft ohne mediale Reichweite?

Das ist schon herausfordernd, insbesondere bei einem Jahresbeitrag von 75 Euro! Und Sponsoren haben wir nicht. Ohne Spenden geht da nicht viel. Wir haben einmal von der Alexander OttoStiftung 5.000 Euro erhalten, zuletzt hat uns der Club an der Alster Hosen undShirts zur Verfügung gestellt.

Foto: Stefan Karstens

Wenn sich ein Leser findet, der die Hockies unterstützen möchte - worüber würden Sie sich am meisten freuen?

Über einheitliche Trainingsanzüge mit unserem Logo darauf. Ich glaube, das würde alle sehr stolz machen!

Stichwort Sichtbarkeit: wo kann man die Hockies spielen sehen?

Richtige Spiele haben wir nur wenige, leider gibt es meines Wissens nach keine weitere Mannschaft in Hamburg. Auf nationaler Ebene sind die meisten inklusiven Mannschaften in Berlin, Brandenburg und NordrheinWestfallen zuhause. Wenn Corona es erlaubt, wollen wir einige dieser Mannschaften 2022 zu einem Turnier nach Hamburg einladen. Und manchmal dürfen wir auch bei Deutschen Meisterschaften oder Internationalen Spielen in derPause zumindest kurz vor Publikum spielen.

Wofür steht Special Olympics?

Special Olympics ist mit mehr als 5 Millionen Athletinnen und Athleten in174 Ländern die weltweit größte inklusive Sportbewegung. Das Ziel vonSpecial Olympics ist es, Menschen mit geistiger Behinderung durch den Sport zu mehr Anerkennung, Selbstbewusstsein und letztlich zu mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu verhelfen. 2023 finden in Berlin die Word Games statt, der Hamburger Landesverband hat seinen Sitz im Haus des Sports.

Special Hockey soll 2023 Demonstraionssportart bei den Word Games werden!

Was eine großartige Chance ist, noch mehr Menschenfür inklusives Hockey zu begeistern! Wenn alles gut geht, werden vielleicht mit Levin Hennings und Johnny Nguyen sogar zwei unserer Spieler dabei sein!

Foto: Stefan Karstens

Wer so lange nicht warten will, kann wann und wo mal beim Training mit-machen?

Immer Samstags von 10:00 bis 11:00 Uhr in der Hallerstrasse auf dem Gelände des Club an der Alster.

Fünf Tipps für den respektvollen Umgang mit behinderten Menschen

Verzichte darauf, Menschen auf ihre Behinderung zu reduzieren. BegreifeAndersartigkeit nicht als Makel, sondern als Vielseitigkeit.

Biete Unterstützung an, aber warte die Antwort ab, damit DeineHilfsbereitschaft nicht als übergriffig wahrgenommen wird.

Suche Blickkontakt! Du schenkst einem Menschen Ansehen, indem Du ihn ansiehst.

Sprich mit geistig behinderten Menschen klar und deutlich in kurzenSätzen. Verzichte auf Fremdwörter und erläutere pro Satz nur einen Gedanken.

“Mongoloismus“ ist keine Diagnose, sondern eine Diskriminierung. Sprich bitte von „Down-Syndrom“ oder von „Trisomie 21“

Weitere Informationen

Kontakt Hockies: michael.krohn@hamburg.de

Special Hockey Deutschland Instragram: @specialhockeyteam

Special Olympics Hamburg Instragram: @specialolympics-hamburg

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